Haben Sie schon mal von der Gelbbauchunke gehört? Die kleinen, kaum 5 cm grossen Amphibien leben in der Schweiz auf der Alpennordseite bis auf 700 Meter über Meer. Mit ihrem braunen Rücken fallen die Tiere in ihren normalen Lebensräumen kaum auf. Aber Achtung. Wenn Gelbbauchunken sich bedroht fühlen, zeigen sie einen Reflex und machen dabei den gelben Bauch sichtbar, der den Tieren den Namen gibt.

Die ausgewachsene Gelbbauchunke gehört in der Schweiz zu den gefährdeten Arten. (c) Mario Lippuner
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Die ausgewachsene Gelbbauchunke gehört in der Schweiz zu den gefährdeten Arten.
2/2: Die ausgewachsene Gelbbauchunke gehört in der Schweiz zu den gefährdeten Arten.

Wir sollten die Gelbbauchunke kennenlernen. Denn sie gehört in der Schweiz und auch in den angrenzenden Ländern zu den stark gefährdeten Arten. Ihre Bestände weisen einen starken Rückgang auf, ihr Verschwinden aus vielen Regionen wird gar erwartet. Grund dafür ist der Verlust der Lebensräume unter anderem durch Trockenlegung von Feuchtgebieten und der Verbauung von Flüssen. «Gelbbauchunken brauchen einen vielfältigen ökologisch gut vernetzten Lebensraum mit zeitweise austrocknenden Gewässern,» erläutert Biologe Mario Lippuner von der KARCH, der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz Schweiz. In kleinen, temporären Tümpeln legen sie ihren Laich ab, oft wenn noch keine anderen Lebewesen das Gewässer besiedelt haben. Andere Lebewesen wie beispielsweise Libellenlarven sind für die Kaulquappen der Gelbbauchunke eine Gefahr. «Darum ist es wichtig, dass der Tümpel wieder austrocknet, auch wenn das ein gewisses Risiko für den Nachwuchs darstellt. Es ist wichtig, dass es schnell geht,» sagt Andrea Haslinger von Pro Natura, «die beste Voraussetzung ist warmes Wasser. Das begünstigt die Metamorphose.»

Gelbbauchunken brauchen einen vielfältigen ökologisch gut vernetzten Lebensraum mit zeitweise austrocknenden Gewässern.

Um den Bestand der Gelbbauchunken erhalten zu können, braucht es also mehr kleine, temporäre Tümpel. Doch wo lassen sich solche Lebensräume schaffen, wo stören solche Tümpel nicht? naturschutzlösungen hatte eine zündende Idee, wo diese Orte sein könnten: Unter den Höchstspannungsmasten von Swissgrid.

In Tümpeln unter Höchstspannungsmasten von Swissgrid findet die Gelbbauchunke ein neues Zuhause. (c) Wolfgang Bischoff, naturschutzlösungen
In Tümpeln unter Höchstspannungsmasten von Swissgrid findet die Gelbbauchunke ein neues Zuhause. (c) Wolfgang Bischoff, naturschutzlösungen

Der Raum unter den Masten: ungenutztes Potenzial

Die Flächen unterhalb der Masten des 6700 km langen Höchstspannungsnetzes eignen sich gut für das Anlegen von kleinen Tümpeln. Das Land ist eine verlorene Fläche, die von den Landeigentümern und den Landbewirtschaftern nicht genutzt werden kann. Doch nicht überall, wo es Masten hat, hat es auch Gelbbauchunken. Pro Natura und naturschutzlösungen haben die Swissgrid Leitungen mit den Informationen von Info Species verschnitten, um zu sehen, wo beides vorkommt: Masten und Gelbbauchunken. Da die Gelbbauchunke im Erwachsenenalter aber nicht nur im Wasser, sondern auch in Holzhaufen, lockerem Boden und in dichter Vegetation lebt, wurden Masten im Wald oder in Waldnähe ausgesucht.

Zivildienstleistende beim Erstellen eines Tümpels. (c) Wolfgang Bischoff, naturschutzlösungen
Zivildienstleistende beim Erstellen eines Tümpels. (c) Wolfgang Bischoff, naturschutzlösungen

Der Raum Mühleberg hat sich so als Standort für das Pilotprojekt qualifiziert. Zehn Tümpel wurden gebaut und bald von Gelbbauchunken besiedelt. Die Tümpel wurden von Hand erstellt. In der Grube wurde ein Schutzvlies ausgelegt, darauf eine Kautschukfolie installiert. «Am tiefsten Punkt braucht es eine Sickergrube und ein Loch, damit das Wasser abgelassen werden kann und die temporären Tümpel nicht zu ständigen Tümpel werden», erklärt Andrea Haslinger. Ausserdem ist für den technischen Unterhalt der Masten der Mindestabstand von einem Meter zu den Mastfundamenten einzuhalten. Im Tümpel selbst werden kleine Verstecke aus gröberen Steinen oder Wurzelstöcken errichtet. Nebendran bieten Kleinstrukturen den ausgewachsenen Gelbbauchunken und auch anderen Tieren Lebensraum.

In weiteren Regionen sind gleiche Projekte geplant. Das ist aber gar nicht so einfach, wie es scheint. «In vielen Kantonen ist eine Baubewilligung für solche Bauten notwendig», so Andrea Haslinger. Ausserdem ist die Umsetzung saisonabhängig. «Bauen können wir nur im Winter, zwischen November und März,» erklärt sie. Denn die Paarungszeit der Gelbbauchunken beginnt im April. Die Vorabklärungen – die Sichtung der Standorte, Gespräche mit Kanton, Gemeinde, lokalen naturschutzvereinen, Landeigentümern und Landbewirtschaftern – führt Pro Natura sauber aus. So können sie sicherzustellen, dass die Tümpel bestehen bleiben. Die KARCH ist auch an den Vorabklärungen beteiligt. Die Amphibienspezialistinnen und -spezialisten geben wertvolle Tipps und Tricks an die Projektanden weiter.

Die Strategie der Gelbbauchunke ist alles oder nichts. Sie geht in temporären Gewässern das Risiko ein, dass ihre Kaulquappen durch Austrocknen des Gewässers sterben.

Und was macht Swissgrid? Die nationale Netzgesellschaft begutachtet die Standorte gemeinsam mit den Projektanden, stellt die notwendigen Geodaten zur Verfügung und gibt vor, welche Bedingungen für die Sicherheit der Leitungen eingehalten werden müssen. «Solche Projekte sind aus unserer Sicht sehr wertvoll und wir freuen uns, dass Pro Natura und naturschutzlösungen die Initiative ergriffen haben», erklärt Barbara Krummenacher, Grid Project Engineer bei Swissgrid. Denn Vernetzung ist nicht nur für das Stromsystem eine Priorität, sondern auch im Natur- und Umweltschutz.


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Autorin

Stephanie Bos
Stephanie Bos

Communication Manager


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