- Swissgrid organisierte im Rahmen der Strategie 2022 ihre Geschäftsbereiche neu, um eine weitere Effizienzsteigerung des Unternehmens zu erreichen.
- Die nationale Netzgesellschaft arbeitet intensiv mit den europäischen Übertragungsnetzbetreibern zusammen und erzielt wichtige Fortschritte, um die Netzstabilität in der Schweiz sicherzustellen. Im Jahr 2019 konnte Swissgrid bei der Versorgungssicherheit Bestwerte erzielen. Das fehlende Stromabkommen bleibt mittel- und langfristig nach wie vor eine Herausforderung.
- Swissgrid erzielt ein Unternehmensergebnis vor Sondereffekten von CHF 66,7 Mio. und hat damit den Vergleichswert vom Vorjahr (2018 CHF 65,6 Mio.) übertroffen. Einmalige Sondereffekte in der Höhe von CHF 37,9 Mio. belasten das Unternehmensergebnis nach Swiss GAAP FER. Die Eigenkapitalquote konnte gesteigert werden und beträgt 38,3%. Somit ist das Unternehmen wirtschaftlich stark und für die Zukunft hervorragend aufgestellt.
- Swissgrid erarbeitet innovative Lösungen zum Ausbau des Regelenergiemarkts und zur Begegnung der Herausforderungen durch die Energiewende.
«Swissgrid hat in einem anspruchsvollen Jahr die Grundlagen geschaffen, um die Herausforderungen der Energiezukunft in der Schweiz und in Europa erfolgreich zu meistern», sagt Yves Zumwald, CEO von Swissgrid. «Wir haben trotz Widerständen den Netzausbau konsequent vorangetrieben und wichtige Fortschritte in der Zusammenarbeit mit den europäischen Übertragungsnetzbetreibern erzielt. Dennoch ist die Schweiz aufgrund des fehlenden Stromabkommens zunehmend vom europäischen Strommarkt ausgeschlossen. Wir haben innovative Projekte zur Weiterentwicklung des Strommarkts lanciert und unternehmensintern die teamübergreifende Zusammenarbeit und die Kultur gefestigt. Dank grossem Einsatz und Engagement aller Mitarbeitenden blicken wir auf ein erfolgreiches Jahr zurück.»
Swissgrid hat die Umsetzung der Strategie 2022 massgeblich vorangetrieben, um eine weitere Effizienzsteigerung des Unternehmens zu erreichen. So definierte das Unternehmen klare Prozesse zwischen dem Markt- und Netzbetrieb, hat seine Marktprodukte konsequent weiterentwickelt und ein neues Geschäftsmodell im Bereich Anlagenbewirtschaftung eingeführt. Im Jahr 2019 konnte Swissgrid bei der Versorgungssicherheit Bestwerte erzielen.
Wichtige Fortschritte im Netzausbau erzielt
Auch wenn Beschwerden die Umsetzung des «Strategischen Netzes 2025» verzögern, konnte Swissgrid 2019 wichtige Fortschritte in Leitungsprojekten verzeichnen. Die Netzprojekte im Wallis sind bedeutsam für den Abtransport der Energie aus Wasserkraft in die Verbrauchszentren des Arc Lémanique und des Mittellands. Mitte Oktober wurde die 380-kV-Leitung zwischen Ernen und Ulrichen in Betrieb genommen. Die Bauarbeiten auf dem Leitungsabschnitt zwischen Chamoson und Chippis verliefen nach Plan und sind weit fortgeschritten. Im Abschluss befinden sich die Arbeiten für den Netzanschluss Nant de Drance.
Im Mittelland hat Swissgrid die 380-kV-Leitung zwischen Beznau und Birr entscheidend vorangebracht. Im Gebiet der Aargauer Gemeinden Riniken und Bözberg verläuft die Leitung unterirdisch. Es ist das erste Mal, dass in der Schweiz ein Teilstück einer Höchstspannungsleitung in den Boden verlegt wird. Zwölf Erdkabel mit je 30 Tonnen Gewicht wurden im Sommer eingezogen. Zudem wurden die beiden Übergangsbauwerke fertiggestellt. Sie dienen der Verbindung der Kabel- mit den Freileitungsabschnitten. Swissgrid plant die Inbetriebnahme der gesamten Leitung für dieses Jahr.
Zudem schloss Swissgrid die Instandhaltungsarbeiten der beschädigten 380-kV-Leitungen auf dem Albulapass ab. Im Herbst 2018 hatten Orkanwinde vier Masten zum Umstürzen gebracht. Die beiden betroffenen Verbindungen Filisur – Robbia sowie Pradella – Robbia – Sils auf der wichtigen Nord-Süd-Achse konnten wie geplant Mitte Juli wieder in Betrieb genommen werden.
Erfolge in der Zusammenarbeit mit europäischen Übertragungsnetzbetreibern zur Förderung der langfristigen Netzstabilität
Die Anbindung an den europäischen Strommarkt blieb für Swissgrid auch 2019 eine der grössten Herausforderungen. Um diese Situation zu verbessern, hat Swissgrid das Engagement in den europäischen Gremien deutlich intensiviert und 2019 wichtige Verhandlungserfolge erzielt. In enger Koordination mit der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) ist es Swissgrid gelungen, insbesondere eine «Schweiz-Klausel» in den neuen Grundlagenvertrag der Übertragungsnetzbetreiber zur Zusammenarbeit in der Betriebsführung einzubringen.
Gleichzeitig haben die EU-Kommission und ACER, die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, bekräftigt, dass die Schweiz für die Gewährleistung der Netzsicherheit im europäischen Verbundnetz eine bedeutende Rolle spielt und eine Zusammenarbeit auf der technischen Ebene begrüsst wird. Damit ist es Swissgrid möglich, Verhandlungen mit europäischen Übertragungsnetzbetreibern aufzunehmen, um zukünftig bei den grenzüberschreitenden Koordinationsprozessen mitzuarbeiten.
Diese bedeutenden Fortschritte sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rolle der Schweiz im europäischen Strommarkt unklar ist, dass die Schweiz mit den Lösungen auf der technischen Ebene an die Grenze ihrer Handlungsmöglichkeiten stösst und sich zudem Fragen stellen zur Streitbeilegung und zur Kostentragung. Ein Stromabkommen könnte diese Fragen klären.
Die Network Codes der EU definieren und harmonisieren zahlreiche Regelungen für das gesamteuropäische Stromnetz. Neben nationalen Regularien waren sie ein wichtiger Treiber für den neuen Transmission Code, den Swissgrid zusammen mit der Branche ausgearbeitet hat. Er regelt die technischen Schnittstellen zwischen Swissgrid und den Verteilnetz- und Kraftwerksbetreibern sowie Bilanzgruppen und Systemdienstleistungsverantwortlichen der Schweiz.
Neuorganisation der Geschäftsbereiche und Wahlen in den Verwaltungsrat
Swissgrid organisierte im Rahmen der Strategie 2022 die Geschäftsbereiche neu, um eine weitere Effizienzsteigerung des Unternehmens zu erreichen. Der Markt und Netzbetrieb wurde in der Business Unit «Market» gebündelt, der Fokus der Business Unit «Grid Infrastructure» auf den Um- und Ausbau des Netzes sowie dessen Instandhaltung gelegt. Adrian Häsler wurde am 1. April 2019 vom Verwaltungsrat zum neuen Leiter der Business Unit «Grid Infrastructure» und zum Mitglied der Geschäftsleitung von Swissgrid ernannt. Vorher leitete er bei Swissgrid die Abteilung Grid Delivery. Adrian Häsler ist dipl. Elektroingenieur HTL und verfügt über ein Executive MBA HSG.
Markus Kägi, ehemaliger Regierungsrat des Kantons Zürich und Vorsteher der Baudirektion, wurde am 6. Mai 2019 als Ersatz von Andreas Rickenbach in den Verwaltungsrat von Swissgrid gewählt.
Swissgrid finanziell solid
Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) beträgt CHF 102,4 Mio. und verringert sich gegenüber dem Vorjahr um 14,2% (2018: CHF 119,4 Mio.). Diese Differenz ist eine Folge des gegenüber dem Vorjahr tieferen betriebsnotwendigen Vermögens und der höheren Netto-Überdeckung an Deckungsdifferenzen.
Das Unternehmensergebnis vor einmaligen Sondereffekten beträgt CHF 66,7 Mio. und liegt leicht über dem Vorjahr (2018: CHF 65,6 Mio.).
Nach Abzug von einmaligen Sondereffekten in der Höhe von CHF 37,9 Mio. beträgt das Unternehmensergebnis 2019 gemäss Swiss GAAP FER CHF 28,8 Mio. (2018: CHF 65,6 Mio.). Die einmaligen Sondereffekte betreffen im Wesentlichen die kumulierten finanziellen Auswirkungen der Verfügung zur Systemprüfung der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) für die Jahre 2011 bis 2019, welche das Jahresergebnis mit CHF 34,1 Mio. belasten. Dieses Verwaltungsverfahren wurde 2016 eröffnet und im Dezember 2019 abgeschlossen. Gegenstand war die Berechnung der Kapitalkosten 2013-2015 sowie der Deckungsdifferenzen der Segmente Netznutzung 2013-2015 und Systemdienstleistungen 2011-2015.
Swissgrid verfügt über eine Bilanzsumme von CHF 3,0 Mia. Die Eigenkapitalquote erhöhte sich auf 38,3%. Der Verwaltungsrat beantragt der Generalversammlung vom 19. Mai 2020 für das Geschäftsjahr 2019 eine Dividendenauszahlung von CHF 31,5 Mio. (2018: CHF 32,8 Mio.) zulasten des verfügbaren Bilanzgewinnes von CHF 397,3 Mio.
Niedrigerer Beschaffungsaufwand, leicht höherer Betriebsaufwand
Der Beschaffungsaufwand liegt mit CHF 224,9 Mio. deutlich unter dem Vorjahreswert von CHF 263,4 Mio. Diese Abnahme ist eine Folge der um CHF 24,9 Mio. tieferen Kosten für SDL-Energie im Segment allgemeine Systemdienstleistungen. Swissgrid konnte zudem die Beschaffungskosten im Segment Wirkverluste um CHF 18,1 Mio. senken. Demgegenüber haben die Kosten im Segment Netznutzung aufgrund höherer angefallener Nachvergütungen für Betriebs- und Kapitalkosten an ehemalige Übertragungsnetzbetreiber um CHF 15,6 Mio. zugenommen.
Der Betriebsaufwand liegt mit CHF 200,9 Mio. um CHF 16,0 Mio. über dem Vorjahreswert. Dies ist auf Massnahmen für die Strategieumsetzung inklusive der Verstärkung der Sicherheit für Mensch, Anlagen und Umwelt zurückzuführen. Weiter sind die Kosten gestiegen aufgrund einmalentschädigter Dienstbarkeiten (CHF 8,6 Mio.), da diese nach Inkrafttreten der Bestimmungen des Bundesgesetzes «Strategie Stromnetze» seit dem 1. Juni 2019 als Betriebskosten gelten und nicht mehr aktiviert werden dürfen.
Der Finanzaufwand konnte reduziert werden infolge einer weiteren Teilrückzahlung von Wandeldarlehen und günstiger Refinanzierung.
Ausblick auf das Geschäftsjahr 2020
Nach einer erfolgreichen Platzierung einer langfristigen Anleihe im September 2019 konnte Swissgrid auch im Januar 2020 erneut am Kapitalmarkt weitere langfristige Anleihen begeben.
Die nachhaltige Energiezukunft und der vorgesehene Netzausbau, wie er im Bericht «Strategisches Netz 2025» vorgesehen ist, bedarf weiterhin hoher jährlicher Investition. Aufgrund der langwierigen Genehmigungsprozesse, insbesondere im Bereich für neue oder umzubauende Leitungen, geht Swissgrid im mittelfristigen Planungshorizont von Netzinvestitionen in der Höhe von ca. CHF 150 Mio. bis CHF 200 Mio. jährlich aus.
Das Unternehmensergebnis 2020 wird voraussichtlich auf dem Niveau des Unternehmensergebnisses 2019 vor einmaligen Sondereffekten zu liegen kommen. Es wird erwartet, dass die Eigenkapitalquote auf 40% anwachsen wird.
Frühzeitige Reaktion auf ausserordentliche Lage aufgrund der Pandemie Coronavirus
Als Betreiberin einer kritischen Infrastruktur ist sich Swissgrid ihrer bedeutsamen Rolle als Rückgrat der Stromversorgung bewusst. In Bezug auf die ausserordentliche Lage in der Schweiz im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus hat Swissgrid frühzeitig präventive Massnahmen eingeleitet, um einen stabilen Betrieb des Übertragungsnetzes sicherzustellen und den Schutz ihrer Mitarbeitenden zu gewährleisten. Swissgrid analysiert laufend die Situation und kann jederzeit zusätzliche Massnahmen zum Schutz der Mitarbeitenden und der Stabilität des Übertragungsnetzes ergreifen.
Innovationen für die Energiezukunft – Integrierter Markt und Crowd Balancing Platform
Als nationale Netzgesellschaft betreibt Swissgrid den Systemdienstleistungsmarkt in der Schweiz. Er dient der Gewährleistung der Stabilität des Übertragungsnetzes. Für die Weiterentwicklung des Systemdienstleistungsmarkts ist Swissgrid stetig auf der Suche nach innovativen Lösungen. Dazu zählt auch der Integrierte Markt. Dabei handelt es sich um eine Marktplattform, auf der abgerufene Produkte für die Frequenzregelung und für den internationalen Redispatch zusammengeführt werden.
Die Crowd Balancing Platform ist ebenfalls ein Projekt, das eine innovative Lösung für den Regelenergiemarkt darstellt. Der Wandel in der Stromproduktion hin zu mehr kleineren Erzeugern mit volatiler Produktion stellt neue Herausforderungen an einen Übertragungsnetzbetreiber. Die Stromproduktion wird in Zukunft aufgrund der Zunahme von neuen erneuerbaren Energiequellen wie Solar- und Windkraft unflexibler und schwieriger prognostizierbar. Diese Entwicklung birgt Herausforderungen für die Übertragungsnetzbetreiber. Sie müssen das Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch gewährleisten. Eine kosteneffiziente und sichere Nutzung dezentraler Flexibilitätsressourcen wie Speicher, Elektroautos, Batteriespeicher oder Wärmepumpen ist ein vielversprechender Ansatz, um das Stromnetz auf der Verbraucherseite flexibler zu gestalten. Neue Digitalisierungsansätze bieten Möglichkeiten, um vereinfacht und skalierbar dezentrale Speicher ins Elektrizitätssystem zu integrieren.
Mit der Crowd Balancing Platform lanciert Swissgrid ein Pilotprojekt in der Schweiz, das auf den Einsatz von Speichertechnologien im Bereich der Primärregelenergie abzielt. Das Projekt verfolgt das Ziel, kurzfristige Schwankungen im Übertragungsnetz auszugleichen. Die «Crowd Balancing Platform» setzt dafür auf Blockchain-Technologie und Internet of Things. Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT hat in einem Versuch in den Niederlanden und Deutschland die technische Machbarkeit bestätigt. Nun haben TenneT, der italienische Übertragungsnetzbetreiber Terna und Swissgrid gemeinsam ein Konsortium zum Einsatz dieser Technologie in Europa gegründet. Swissgrid untersucht in einem Pilotprojekt in der Schweiz das Potenzial dieser Technologie. Das Projekt startet im Sommer und dauert bis Ende Jahr.