Der Strompreis setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen. So bezahlen die Konsumentinnen und Konsumenten nicht nur für den gelieferten Strom, sondern unter anderem auch für dessen Transport. Swissgrid verantwortet als nationale Netzgesellschaft einen Teil des Wegs des Stroms. Sie ist Eigentümerin des Schweizer Höchstspannungsnetzes und gewährleistet eine einwandfrei funktionierende und sichere Infrastruktur sowie den Betrieb des Übertragungsnetzes.
Swissgrid bewegt sich in einem regulierten Umfeld. Ihr Auftrag ist im Stromversorgungsgesetz (StromVG) und in der Stromversorgungsverordnung (StromVV) geregelt. Die Verordnung gibt zudem vor, wie Swissgrid die Kosten für ihre Leistungen über Tarife decken darf.
Wie setzt sich der Strompreis zusammen? Wieviel bezahlen die Endverbraucher für die Leistungen von Swissgrid? Wie werden die Swissgrid Tarife berechnet? Und wie haben sich diese in den letzten Jahren entwickelt? Eine Übersicht.
Ein Strompreis – Mehrere Komponenten
Der Strompreis setzt sich grob gesagt aus drei Komponenten zusammen. Der Energietarif deckt die Kosten für die von der Stromkonsumentin oder dem Stromkonsumenten bezogenen elektrischen Energie. Diese Kosten werden ihnen von ihrem Energieversorger verrechnet.
Die Kosten für den Transport und die Verteilung des Stroms vom Kraftwerk bis ins Haus oder ins Unternehmen werden über den Netznutzungstarif gedeckt. Dazu gehören die Kosten für den Bau, den Betrieb und den Unterhalt der Netze. Diese Kosten fallen bei den Verteilnetzbetreibern (Tiefere Netzebenen: Hoch-, Mittel- und Niederspannung) und bei Swissgrid (Oberste Netzebene: Höchstspannung) an. Ebenso abgedeckt sind die Kosten für die Systemdienstleistungen, die Swissgrid benötigt, um das Netz sicher und effizient zu betreiben.
Zusätzlich werden Abgaben erhoben wie der Netzzuschlag zur schweizweiten Förderung erneuerbarer Energien (bsp. die Einmalvergütung für Photovoltaikanlagen). Ebenso bezahlt werden müssen kommunale und/oder kantonale Abgaben (bsp. Konzessionsgebühren).
Neue Preiskomponente im Jahr 2024: 2024 ist im Strompreis zum ersten Mal der neue Tarif «Stromreserve» enthalten. Damit werden die Kosten für die Massnahmen gedeckt, die der Bund zur Erhöhung der Versorgungssicherheit im Winter ergriff. Zu diesen Massnahmen gehört unter anderem die Wasserkraftreserve. Diese Kosten müssen gemäss StromVV über Swissgrid verrechnet werden.
Für einen Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4500 Kilowattstunden (kWh) – 5-Zimmer-Wohnung mit Elektroherd und Tumbler (ohne Elektroboiler) – fallen 2024 im Durchschnitt ca. 30,49 Rappen pro kWh Strom an. Dabei machen die Energie rund >50 Prozent, der Transport und die Verteilung rund 37 Prozent und die verschiedenen Abgaben zusammen rund 9 Prozent des Strompreises aus. 4 Prozent machen neu die Kosten für die Massnahmen aus, die zur Erhöhung der Versorgungssicherheit im Winter ergriffen wurden.
Am gesamten Strompreis, den Endverbraucherinnen und -verbraucher bezahlen, betragen die Kosten für das Übertragungsnetz von Swissgrid durchschnittlich knapp 7 Prozent. 2024 bezahlt ein solcher Schweizer Haushalt folglich ungefähr 92 Franken. Die Kosten für die Stromreserve betragen 54 Franken.
Unterschiedliche Strompreise in der Schweiz
Swissgrid verrechnet ihre Tarife, die für die gesamte Schweiz einheitlich sind, den direkt am Übertragungsnetz angeschlossenen Verteilnetzbetreibern und Endverbrauchern. Die Stromkonsumentinnen und -konsumenten erhalten von Swissgrid somit direkt keine Rechnung. Die Kosten von Swissgrid sind in den Rechnungen der Verteilnetzbetreiber enthalten: Diese werden entweder separat oder kumuliert mit den Netzkosten der Verteilnetzbetreiber als Netznutzungstarife ausgewiesen. Die Netznutzungstarife können je nach Region unterschiedlich ausfallen: So beeinflusst beispielsweise die Topologie des Versorgungsgebiets die Höhe der Ausgaben für den Ausbau und den Unterhalt des entsprechenden Verteilnetzes.
Auch der Energietarif ist je nach Region unterschiedlich: Einige Energieversorger besitzen Kraftwerke und beliefern ihre Kundinnen und Kunden mit selbst produziertem Strom, andere hingegen kaufen den Strom am Markt oder von einem Vorlieferanten. Die Energietarife sind komplett unabhängig von den Tarifen von Swissgrid.
So entstehen die Tarife für das Schweizer Übertragungsnetz
Swissgrid erhebt verschiedene Tarife zur Deckung ihrer Kosten: Drei Tarife für die Netznutzung, einen Tarif für die allgemeinen Systemdienstleistungen und zwei Tarife für individuelle Systemdienstleistungen. Die Struktur der Tarife ist in der Stromversorgungsverordnung (StromVV) genau vorgegeben.
Im Jahr 2024 werden erstmals weitere Kosten über Swissgrid abgerechnet: Diese fallen für die Massnahmen an, die der Bund zur Erhöhung der Versorgungssicherheit im Winter ergriffen hat.
Swissgrid muss jeweils bis Ende März die Tarife für das darauffolgende Jahr bekannt geben. Daher werden die Tarife auf Basis von Annahmen über die erwarteten Kosten und Erlöse kalkuliert. Dabei stützt sich Swissgrid unter anderem auf Prognosen zu Preisentwicklungen auf den internationalen Strommärkten.
Die Tarife für die Netznutzung
Die Tarife für die Netznutzung decken die Kosten von Swissgrid für ihr Kerngeschäft: die Erneuerung, den Ausbau und den Unterhalt des Netzes, ebenso für den Betrieb sowie die Überwachung aus den Leitstellen.
Wie in der StromVV vorgegeben, teilt Swissgrid diese Kosten in drei unterschiedliche Tarife auf und stellt diese den direkt am Übertragungsnetz angeschlossenen Verteilnetzbetreibern und Verbrauchern in Rechnung. Die Verteilnetzbetreiber kalkulieren dann auf Basis der umgewälzten Swissgrid Tarife und ihren eigenen Netzkosten die Tarife für ihre Kundinnen und -kunden oder für die nachgelagerten Verteilnetzbetreiber. In der Stromrechnung sind diese Kosten meist zusammengefasst unter «Netznutzung» ersichtlich. Das bedeutet, dass im Netznutzungstarif des Verteilnetzbetreiber seine eigenen Netzkosten sowie alle anteiligen Netznutzungskosten der vorgelagerten Netze enthalten sind – darunter auch jene von Swissgrid.
Der Tarif für die allgemeinen Systemdienstleistungen
Der Tarif für die allgemeinen Systemdienstleistungen deckt zu einem grossen Teil die Ausgaben für die Regelreserve. Mit dieser stellt Swissgrid das Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch und damit eine Frequenz von 50 Hertz sicher.
Regelreserven werden von unterschiedlichen Anbietern wie beispielsweise Kraftwerken für Swissgrid bereitgehalten und dafür entschädigt. Swissgrid beschafft Regelreserven auf verschiedenen Regelleistungsmärkten, da sie keine eigenen Kraftwerke besitzen darf. Die Entschädigung der Kraftwerke macht den grössten Anteil der Kosten aus. Bei unvorhergesehenen Schwankungen wie einem Kraftwerksausfall wird die Regelreserve aktiviert.
Der allgemeine Systemdienstleistungstarif – in Rappen pro Kilowattstunde angegeben – wird von Swissgrid direkt an alle Verteilnetzbetreiber verrechnet, die diesen ihren Endverbrauchern weitergeben. Der Tarif wird meist separat auf der Stromrechnung ausgewiesen.
Die Tarife für die individuellen Systemdienstleistungen
Die Kosten für die individuellen Systemdienstleistungen werden durch zwei Tarife gedeckt. Dies ist zum einen der Tarif für die Wirkverluste. Diese entstehen durch den Transport und die Transformierung von elektrischer Energie. Da Swissgrid keine Kraftwerke besitzen darf, beschafft sie die elektrische Energie für die Kompensation der Wirkverluste am Strommarkt. Mit dem anderen Tarif werden die Kosten für die Beschaffung von Blindenergie gedeckt, die für eine optimale Spannung im Netz notwendig ist.
Die Kosten werden den direkt am Übertragungsnetz angeschlossenen Verteilnetz- und Kraftwerksbetreibern sowie Verbrauchern in Rechnung gestellt. Die Verteilnetzbetreiber geben diese Kosten an die Stromkonsumentinnen und -konsumenten weiter. Sie sind in der Stromrechnung meist nicht separat ausgewiesen, sondern im Tarif «Netznutzung» subsumiert.
Der neue Tarif «Stromreserve»
Die Verwerfungen am Energiemarkt und die mögliche Strommangellage in der Schweiz im Winter 2022/23 haben den Bundesrat dazu bewogen, zur Erhöhung der Versorgungssicherheit verschiedene Massnahmen zu ergreifen.
Dazu gehört unter anderem die Einrichtung einer sogenannten Wasserkraftreserve. Swissgrid wurde vom Bund beauftragt, die Auktion für diese Reserve durchzuführen und einen allfälligen Abruf der Reserve zu koordinieren. Die Rahmenbedingungen dafür wurden von den Behörden vorgegeben. Einen möglichen Abruf verantwortet Swissgrid auch bei den vom Bund kontrahierten Notstromgruppen, die in Falle einer Strommangellage eingesetzt werden können. Des Weiteren hat der Bund den Bau bzw. Betrieb von temporären Reservekraftwerken veranlasst.
Die Kosten für diese Massnahmen, auf deren Höhe Swissgrid keinen Einfluss hat, müssen gemäss der Verordnung des Bundesrats durch den neuen Tarif Stromreserve gedeckt und über Swissgrid abgerechnet werden. Für das Jahr 2024 werden diese Kosten den Konsumentinnen und den Konsumenten erstmals verrechnet.
Auktionserlöse
Neben den Tarifen, die Swissgrid gemäss Gesetz erheben darf, nimmt Swissgrid Auktionserlöse aus der Versteigerung der Kapazitäten ein, die für den Stromhandel auf den grenzüberschreitenden Leitungen zur Verfügung stehen. Insgesamt 41 Leitungen verbinden das schweizerische mit dem europäischen Übertragungsnetz. Die Höhe dieser Auktionserlöse schwankt und hängt von den Strompreisdifferenzen zwischen verschiedenen Ländern ab. Swissgrid darf jedoch nicht frei über die Verwendung dieser Auktionserlöse bestimmen, dies wird ebenfalls von der ElCom verfügt. Diese Auktionserlöse kommen schlussendlich den Stromkonsumentinnen und -konsumenten zugute, entweder über Tarifsenkungen oder über die Finanzierung des Übertragungsnetzes.
Und wenn die Prognosen nicht stimmen?
Swissgrid gibt die Tarife jeweils bis Ende März für das darauffolgende Jahr bekannt. Die Tarife werden somit immer auf Basis von Prognosen berechnet. Aufgrund von Abweichungen zu den Prognosen nimmt Swissgrid jeweils zu viel oder zu wenig ein. Diese Abweichungen gleicht Swissgrid mittels höherer oder tieferer Tarife über die nachfolgenden Jahre wieder aus. Das Vorgehen ist durch die StromVV vorgegeben und wird durch die staatliche Regulierungsbehörde, die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom, geprüft.
Die Entwicklung der Swissgrid Tarife
Die Tarife von Swissgrid machen nur einen kleinen Anteil an der Stromrechnung der Konsumentinnen und Konsumenten aus. Bis in das Jahr 2021 ist die durchschnittliche Belastung eines Haushalts durch die Tarife von Swissgrid gleichgeblieben oder hat sogar leicht abgenommen. Seit 2022 ist diese vor allem aufgrund der hohen Preise an den Energiemärkten deutlich gestiegen.
Die Tarife von Swissgrid haben sich in den letzten Jahren unterschiedlich entwickelt. Einzelne Tarife wie für die Netznutzung haben sich beispielsweise wenig verändert. Diese decken das Kerngeschäft von Swissgrid ab: Den Ausbau, die Instandhaltung und den Betrieb des Schweizer Übertragungsnetz. Die Entwicklung dieser Tarife ist in geringerem Umfang von exogenen Faktoren abhängig.
Der Tarif für die allgemeinen Systemdienstleistungen wird massgeblich von den Preisentwicklungen an den internationalen Strommärkten bestimmt. Dies hat folgenden Grund: Der grösste Anteil der Kosten macht die Beschaffung der Regelreserven aus, mit denen Swissgrid den sicheren und stabilen Betrieb des Netzes gewährleistet. Swissgrid beschafft diese Leistung auf Regelleistungsmärkten, da sie keine eigenen Kraftwerke besitzen darf. Um die Liquidität und den Wettbewerb im Markt zu erhöhen, hat Swissgrid marktbasierte Beschaffungsmechanismen eingeführt und die Produktepalette stetig weiterentwickelt.
Die gleiche Entwicklung ist bei einem Tarif für die individuellen Systemdienstleistungen zu verzeichnen – dem Tarif für die Wirkverluste: Die elektrische Energie für die Kompensation der Wirkverluste, die unter anderem durch den Transport von Strom entstehen, muss Swissgrid ebenfalls am Strommarkt beschaffen. Swissgrid hat eine Beschaffungsstrategie entwickelt, um der Volatilität der Strompreise entgegenzuwirken. So werden die Leistungen beispielsweisen in einzelnen Tranchen und teilweise weit im Voraus beschafft.
Swissgrid engagiert sich konsequent, um die finanzielle Belastung der Stromkonsumentinnen und -konsumenten möglichst tief zu halten. Mehr Informationen zu den Entwicklungen der Tarife im Interview mit Andreas Schreiber.
Wer überwacht die Tarife?
2008 trat das Stromversorgungsgesetz (StromVG) in Kraft, das die Voraussetzungen für die Entwicklung eines wettbewerbsorientierten Elektrizitätsmarktes in der Schweiz schuf. Eine Vorgabe war das sogenannte Unbundling, die Entflechtung von Erzeugung, Übertragung, Verteilung und dem Endkundengeschäft. Mit dem Gesetz und der dazugehörigen Stromversorgungsverordnung (StromVV) wurden somit auch die rechtlichen Grundlagen für Swissgrid geschaffen, die die Übertragung des Stroms und damit das Höchstspannungsnetz verantwortet. Das Übertragungsnetz stellt ein natürliches Monopol dar. Dies verhindert, dass die Infrastruktur nicht mehrfach von konkurrenzierenden Unternehmen aufgebaut werden muss.
Als Eigentümerin des Höchstspannungsnetzes agiert Swissgrid somit in einem stark regulierten Umfeld. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom überwacht als unabhängige, staatliche Regulierungsbehörde im Elektrizitätsbereich die Einhaltung des StromVG. Unter anderem agiert die ElCom als «Preisüberwacher»: Sie überwacht die Tarife von Swissgrid und den Verteilnetzbetreibern und kann diese anpassen.
Mehr Informationen zum regulatorischen Geschäftsmodell von Swissgrid.