Die seit Weihnachten 2015 und im Januar 2016 beobachtete Entspannung der Energie- und Netzsituation hat sich im Februar fortgesetzt. Die Energiereserven sind aufgrund der tiefen Füllstände der Speicherseen zwar nach wie vor tief. Die von Swissgrid in Zusammenarbeit mit der Energie-Branche und den europäischen Übertragungsnetzbetreibern eingeleiteten Massnahmen haben sich aber vorteilhaft ausgewirkt und führen zu einer positiven Prognose der Energie- und Netzsituation für die Monate März und April 2016.
Die seit Dezember 2015 angespannte Energie-und Netzsituation hat sich in den letzten Monaten schrittweise entspannt und konnte mithilfe von verschiedenen technischen und marktorientierten Massnahmen verbessert werden.
Für die Energiesituation zeigt der Füllstand der Speicherseen eine positive Tendenz. Der aktuelle Füllstand der Speicherseen (32.3% Stand 15.2.2016) hat die Minimum-Füllstandskurve der letzten zwanzig Jahre wieder erreicht und nähert sich kontinuierlich dem langjährigen Median an.
Mildes Winter-Wetter und Lösungen der Energie-Branche
Zur verbesserten Situation haben verschiedene Faktoren und Massnahmen beigetragen:
- Lösungsorientierte Zusammenarbeit der Energiebranche: seit Dezember 2015 hat eine Arbeitsgruppe der Schweizer Energiebranche (Kraftwerksbetreiber, Verteilnetzbetreiber und Händler) Lösungen zur Entspannung der Situation erarbeitet. Zudem hat Swissgrid in enger Abstimmung mit den europäischen Übertragungsnetzbetreibern weitere technische und marktorientierte Massnahmen eingeleitet und umgesetzt.
- Milde Temperaturen: Die ungewöhnlichen milden Temperaturen in diesem Winter hatten eine Reduktion der Netzlast und des Gesamtverbrauchs zur Folge und damit einen positiven Einfluss auf die angespannte Energie- und Netzsituation. Dank den häufigen Niederschlägen seit Mitte Januar ist zudem die Stromproduktion aus Laufwasserkraft höher als für die Jahresperiode üblich.
- Wiederinbetriebnahme von Beznau 2: Seit der Wiederinbetriebnahme von Block 2 des Kernkraftwerks Beznau am 23. Dezember 2015 wird ein Teil (360 MW) der fehlenden Bandenergie wieder ins 220-kV-Netz gespeist.
Massnahmen zeigen Wirkung
Zu den wirkungsvollsten Massnahmen zählt die seit Ende Dezember erfolgte schrittweise Erhöhung der Netztransferkapazität (NTC) an den Grenzen zu Frankreich, Deutschland und Österreich. Die Marktteilnehmer haben die Netto-Import-Kapazität weitgehend ausgeschöpft, womit der Bedarf an zusätzlich importiertem Strom in der Schweiz besser gedeckt werden konnte.
In Abstimmung mit den angrenzenden Übertragungsnetzbetreibern hat Swissgrid beschlossen, keine Monatsprodukte in Exportrichtung für die Monate Januar bis März 2016 anzubieten, um zu vermeiden, dass bei einer möglichen Einschränkung der Exporte häufige Kürzungen der bereits vergebenen Kapazitätsrechte notwendig werden. Die verfügbare Grenzkapazität wurde dem Markt stattdessen in Tagesprodukten zur Verfügung gestellt. Diese Massnahme hatte einen dämpfenden Effekt auf Exporte, wodurch mehr importierte Energie in der Schweiz zur Verfügung stand.
Swissgrid hat zudem für die Monate Februar bis April 2016 Systemdienstleistungen vorzeitig beschafft sowie in ausgewählten Kraftwerken minimale Energiemengen für den Eingriff in den Kraftwerkseinsatz (Redispatch) reserviert.
Auf technischer Seite hat die Ausarbeitung verschiedener topologischer Massnahmen, welche der präventiven Beseitigung von Engpässen im Netz dienen, zur Entspannung beigetragen. Swissgrid hat Verschaltungen von Leitungen in Schaltanlagen, welche dauerhafte oder situative Verbesserungen der Lastflusssituation bewirken, erarbeitet und angewendet.
Zudem hat Swissgrid bei relevanten 380/220 kV Transformatoren verschiedene Massnahmen getroffen, um die Kapazitäten gesamthaft zu erhöhen. Beispielsweise wurde ein Transformator, welcher als Reserve für die Einspeisung der Produktion des Kraftwerks Linth-Limmern vorgesehen ist, zur Erhöhung der Transformatorenkapazität 380/220 kV zusätzlich in Betrieb genommen.
Weitere Entwicklung der Energie- und Netzsituation deutet nachhaltige Entspannung an
Die Prognose für die weitere Entwicklung der Energie- und Netzsituation bis April 2016 ist aufgrund vorteilhafter Wetter- und Temperaturprognosen bis Anfang März günstig.
Dennoch ist es für eine umfassende Entwarnung verfrüht. Der Ausfall eines kritischen Betriebsmittels würde die Netto-Import-Kapazität und gegebenenfalls die Produktion auf der 220 kV-Ebene reduzieren. Eine unerwartete, länger andauernde Kälteperiode könnte zudem aufgrund höherer Netzlast und niedrigerer Importe zu gesteigerter Speicherproduktion und einem verstärkten Rückgang der immer noch unterdurchschnittlichen Füllstände der Speicherseen führen.
Swissgrid setzt daher die Umsetzung der eingeleiteten Massnahmen konsequent fort. Als Sofortmassnahme für den nächsten Winter 2016/2017 wurde überdies die beschleunigte Beschaffung des Transformators für das Unterwerk Beznau in die Wege geleitet.
Swissgrid beobachtet die Energie- und Netzsituation laufend und informiert unter www.swissgrid.ch/winter über die weitere Entwicklung.
Das Schweizer Übertragungsnetz besteht aus einer 380-kV-Ebene, über welche rund 90 Prozent der Importe und Exporte transportiert werden, und einer 220-kV-Ebene, die hauptsächlich der überregionalen und regionalen Versorgung dient. Die Kapazität der Transformatoren, welche die Energie von 380 auf 220 kV heruntertransformieren, bestimmt, wie viel an Import zur Versorgung der Schweizer Verbraucher genutzt werden kann.
Redispatch
Redispatch ist eine wesentliche Echtzeit-Massnahme zur Reduktion von Überlastungen von Transformatoren in der Verantwortung von Swissgrid. Damit diese von den Kraftwerken erbracht werden kann, muss gewährleistet sein, dass sie über genügend Energie verfügen. Mit der vorgenommenen Reservierung stellt Swissgrid sicher, dass sie in den relevanten Kraftwerken während des ganzen Winters jederzeit auf genügend Energie zurückgreifen kann, um die Transformatoren durch Redispatchmassnahmen entlasten zu können.
NTC (Net Transfer Capacity)
NTC ist die maximal verfügbare Übertragungskapazität zwischen zwei Gebieten, welche mit den Sicherheitsstandards beider Gebiete vereinbar ist. Dadurch können Marktteilnehmer ihren Energiehandel durchführen, ohne das Verbundnetz zu gefährden. Swissgrid bestimmt zusammen mit den benachbarten Übertragungsnetzbetreibern die NTC-Werte aller vier Schweizer Grenzen auf jährlicher, monatlicher und täglicher (d-2) Basis.