Am Montag, 20. Mai 2019 ergab sich im Schweizer Übertragungsnetz eine kritische Situation. Einzelne Netzelemente wurden erheblich überlastet oder drohten überlastet zu werden (n- und n-1-Verletzungen).
Die laufende Analyse des Vorfalls zeigt, dass bei einer hohen inländischen Stromproduktion (rund 12 GW) insgesamt rund 4,5 GW exportiert wurden, ein hoher Anteil davon nach Deutschland. Typischerweise laufen die Lastflüsse in umgekehrte Richtung, von Deutschland in die Schweiz. Diese atypische Export- und Produktionssituation führte zu Verletzungen der Netzsicherheit (n und n-1).
Erste Analysen haben ergeben, dass sich durch den Stromhandel die Exportmengen zwischen dem Sonntag und dem Montag kurzfristig erhöht haben. Die europäischen Netzprognosen haben aus noch unbekannten Gründen diese Verletzungen im Voraus nicht erkannt. Die Netzsicherheitsverletzungen mussten im Echtzeitbetrieb mit den Kollegen der europäischen Übertragungsnetzbetreiber gelöst werden.
Dieser Vorfall zeigt, dass die Prognosen erheblich von den effektiven Lastflüssen abweichen können. Es ist daher ausserordentlich wichtig, dass alle Übertragungsnetze in Europa, inklusive der Schweiz, in die Netzmodellierungen eingebunden sind, damit allfällige Verletzungen der Netzsicherheit in den Prognosen erkannt und koordinierte Massnahmen ergriffen werden können, damit solche Verletzungen im Echtzeitbetrieb gar nicht erst eintreten.
Da die Schweiz aufgrund des fehlenden Stromabkommens mit der EU vom Market Coupling ausgeschlossen ist, muss befürchtet werden, dass die Abweichungen zwischen Prognosen und effektiven Lastflüssen weiter zunehmen werden. Mit einem Stromabkommen würde Swissgrid in den Modellen zur Lastflussberechnung und Kapazitätsvergabe der europäischen Partner berücksichtigt und hätte bessere Kenntnis über die Lastflüsse durch die Schweiz.
Swissgrid arbeitet intensiv an der Untersuchung des Vorfalls. Diese vertieften Analysen werden vermutlich mehrere Wochen in Anspruch nehmen.