Auf saftigen, grünen Wiesen weiden jetzt Kühe, wo einst Masten standen. Bevor die Flächen im Urner Talboden für die übliche Nutzung freigegeben wurden, hat Swissgrid den Boden der ehemaligen Maststandorte umfangreich saniert. Und ging dabei weiter, als Gesetz und Verordnung fordern.
Im Urner Talboden verliefen bis vor einigen Jahren zwei Höchstspannungsleitungen parallel. Eine davon gehörte Swissgrid und diente als wichtige Nord-Süd-Achse für den Stromtransport. Die andere diente der SBB zum Bahnbetrieb. 2018 bündelten die beiden Partner die zwei Leitungen auf dem Abschnitt zwischen Attinghausen und Altdorf Nord auf einem gemeinsamen Trassee. Es verläuft parallel zur Autobahn und zum Reussufer. Nach dieser Infrastrukturbündelung konnten die beiden alten Leitungen rückgebaut werden. Mit dem Rückbau wurde der Boden saniert und wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt.
Ein Gastbeitrag von Marzio Giamboni, Projektleiter Hintermann & Weber AG
Zum Schutz vor Korrosion werden die Masten elektrischer Leitungen mit einem Schutzanstrich versehen. Früher wurden Produkte verwendet, die umweltgefährdende Stoffe enthielten. Da die alte Schutzschicht unter Einfluss der Witterung mit den Jahren zerfällt, können Schadstoffe wie Blei, Zink und PCB sowie, in kleineren Mengen, Chrom und Cadmium in den Boden gelangen.
Im Projekt «Leitungszusammenlegung Eyschachen» wurden 31 Masten aus den 1950er Jahren zurückgebaut. Die meisten Standorte der rückgebauten Masten befanden sich auf landwirtschaftlich genutzten Flächen.
Der Kanton Uri und Swissgrid haben im Rahmen der Projektgenehmigung vereinbart, dass alle Maststandorte auf landwirtschaftlich genutzten Flächen von Schadstoffen saniert werden. Dies unabhängig vom Belastungsausmass umweltgefährdender Stoffe. Die im Projekt definierten Sanierungsmassnahmen gingen weit über die vom Umweltschutzgesetz bzw. von der Verordnung über Belastungen des Bodens des Bundes verlangten Massnahmen hinaus.
Wertvoller Boden für die Landwirtschaft
Ein grosser Teil der Standorte befindet sich auf Fruchtfolgeflächen. Diese gehören zum besten Landwirtschaftsland der Schweiz und unterliegen besonderen Schutzbestimmungen. In Krisenzeiten sichern sie die Ernährung der Schweiz. Dank der Sanierung konnte Swissgrid diese Flächen in ihrer Qualität wiederherstellen und den Grundeigentümern in ihrem ursprünglichen Zustand zurückgeben.
Um herauszufinden, wie stark der Boden mit Schadstoffen belastet ist, waren vertiefte Untersuchungen notwendig. An sechs ausgewählten Maststandorten haben wir Bodenanalysen ausgeführt. Mit einem Meter Abstand zum Mastfundament wurden jeweils in alle vier Haupthimmelsrichtungen Proben genommen und im Labor untersucht. Die Bodensanierung umfasste im Durchschnitt die Fläche eines ca. 15 Meter Radius um die Mastfundamente. Bei den Mastfundamenten haben wir den Boden in einer Tiefe von bis zu 80 cm ersetzt. Mit einem mobilen Röntgengerät haben wir die einzelnen Flächen gemessen und so sichergestellt, dass sämtliche Belastungen entfernt wurden.
Boden ist nicht gleich Boden
Für den Ersatz des belasteten Bodens mussten wir rund 4000 m3 sauberes Bodenmaterial finden. Es durfte nicht irgendein Material sein. Wir mussten Boden finden, der den Anforderungen einer landwirtschaftlichen Fruchtfolgefläche genügte. Nun begann eine Besichtigung aller laufenden Baustellen im Kanton Uri und über die Kantonsgrenze hinaus. Es wurde uns viel Bodenmaterial angeboten, aber nur wenige Standorte eigneten sich für unser Vorhaben. Letztendlich konnten wir geeignetes Material aus sechs verschiedenen Baustellen aus dem Urner Talboden und aus einer Baustelle im Kanton Luzern beziehen.
Mit Geduld und einem offenen Ohr zum Ziel
Neuangelegter Boden muss eine Weile ruhen und schonend bewirtschaftet werden, damit er am neuen Standort seine für die Landwirtschaft günstigen Eigenschaften entwickeln kann (sogenannte Folgebewirtschaftung). Für die betroffenen Landwirte folgte eine dreijährige schonende Bewirtschaftung nach den Vorgaben des Bodenschutzes. So durften die Flächen z.B. nicht beweidet oder gedüngt werden. Dafür erhielten die betroffenen Betriebe eine Entschädigung. Die Einhaltung der Vorgaben haben wir zweimal jährlich vor Ort kontrolliert und die Bewirtschaftung mit den Landwirten besprochen. Bei diesen Begehungen prüften wir auch, ob sich die Böden an den sanierten Standorten gut entwickelten. In den allermeisten Fällen wurden die Bewirtschaftungsvorgaben eingehalten, so dass wir nach drei Jahren Sonderbewirtschaftung in Rücksprache mit der kantonalen Bodenschutzfachstelle die Flächen zur üblichen Nutzung freigeben konnten.
Die Sanierung der Böden im Urner Talboden war für uns als Umweltbaubegleitung eine grosse Herausforderung. Die Ermittlung der Belastungen und das Beschaffen des sauberen Bodenmaterials waren sehr zeitintensiv. Unser Ziel war, dass die Landwirte mit der Sanierung zufrieden sind. Dies bedingte eine gute Kommunikation und ein offenes Ohr für die Anliegen aller Betroffenen.