Die Sonne versteckt sich am 10. Juni – aber nur für ein bis zwei Stunden. Nach sechs Jahren findet wieder eine Sonnenfinsternis statt, die auch in der Schweiz sichtbar ist. Dieses Mal ist es nur eine partielle, sogenannte ringförmige Sonnenfinsternis. Dadurch ist die Finsternis nicht so stark ausgeprägt, da der Mond nicht die ganze Sonne bedecken kann, sondern der äussere Rand noch sichtbar bleibt. Sie findet in der Nordpolregion statt und wird in Nordamerika, Europa und Asien zum Teil sichtbar sein. In der Schweiz wird das Spektakel von 11.29 Uhr bis 13.14 Uhr zu sehen sein, wenn das Wetter mitspielt.
Für Stromproduzenten und Übertragungsnetzbetreiber ist dieses Ereignis aber eher mühsam als spektakulär. Durch die schnell wachsende Anzahl der Photovoltaikanlagen in Europa sind die Auswirkungen eines plötzlichen Produktionsstopps gut spürbar. Die Solarenergie wird neben der Windenergie als neue erneuerbare Energie in ganz Europa gefördert, um die Energiewende vollziehen und die Klimaversprechen einhalten zu können. Neben des Produktionsstopps ist auch das schnelle Hochfahren der Produktion nach der Finsternis eine Herausforderung. Dazwischen müssen die Übertragungsnetzbetreiber auf andere Kraftwerke ausweichen, über die schnell und kurzfristig verfügt werden kann. In der Schweiz werden dafür unter anderem Pumpspeicherkraftwerke gebraucht.
Im März 2015, bei der letzten Sonnenfinsternis in Europa, war das Wetter nicht überall gut, was den Netzbetreibern in die Karten gespielt hat. Das Wetter spielt hier eine grosse Rolle: Wenn der Himmel wolkenlos ist, ist die Produktionsschwankung gleich bemerkbar. Bei schlechtem Wetter speisen die Photovoltaikanlagen ohnehin keine oder nur wenig Energie ein, was den Netzbetreibern die Arbeit leichter macht. Die Wetterprognosen sind also ein wichtiges Tool für die Vorbereitung.
Swissgrid ist gewappnet
Die Übertragungsnetzbetreiber in Europa haben sich in enger Zusammenarbeit mit der ENTSO‑E, dem Verband europäischer Übertragungsnetzbetreiber, umfassend auf das Ereignis vorbereitet. Task Forces wurden aufgestellt und zusätzliche Operateure für den Tag organisiert, die alles unter Kontrolle halten. Im Vorhinein haben sie die Daten der letzten Finsternis ausgewertet und Analysen erstellt. Zudem werden sie wie bereits im Jahr 2015 im Hintergrund eine Telefonkonferenz während der Sonnenfinsternis halten. In einem Notfall können sie auf diese Weise schnell reagieren und sich abstimmen. An diesem Tag gilt auch die Anweisung, im Netz zum Beispiel keine Leitung oder kein Kraftwerk für die Instandhaltung ausser Betrieb zu nehmen, damit die ganze Kapazität zur Verfügung steht. So soll das Risiko vor einem Ausfall minimiert werden. Walter Sattinger, Principal Grid Studies Engineer bei Swissgrid, sagt es sei alles vorbereitet und es gebe keinen Grund für Besorgnis, aber dieses Ereignis sei trotzdem eine Herausforderung für den gesamten kontinentaleuropäischen Netzbetrieb.
In anderen Ländern ist die Problematik grösser als in der Schweiz. Deutschland hat den grössten Anteil Photovoltaikanlagen im europäischen Verbundnetz. Da wird der Unterschied in der Solarstromproduktion bei schönem Wetter gut erkennbar sein. Die primäre Verantwortung für die Planung und Problemlösung liegt bei den jeweiligen Ländern. Aber wenn es einen Vorfall in einem Mitgliedsland des Verbundnetzes gibt, merkt man dies schnell auch an der Frequenzstabilität in der Schweiz. Die tägliche enge Abstimmung unter den Übertragungsnetzbetreibern ist immer wichtig. Im Falle der Sonnenfinsternis bleiben sie aber permanent miteinander in Kontakt, damit sie sich schnell gegenseitig unterstützen können.