Nachdem wir im letzten Blogbeitrag über die Anfänge der Schweizer Energieversorgung geschrieben haben, gehen wir einen Schritt weiter in unserer Zeitreise. Erdöl wird in der Schweiz seit Ende des 19. Jahrhunderts genutzt. Auch bei diesem Rohstoff war die Schweiz schon immer abhängig vom Ausland. Den Aufschwung fand das Erdöl in den 1950er Jahren. Einige Historiker bezeichnen diese Jahre sogar als Epochenwechsel.
Das 1950er Syndrom
In den 50er Jahren gab es auf der ganzen Welt nicht nur in der Bevölkerungszahl einen Wachstumsschub, sondern auch im BIP und im Energieverbrauch. Die Bevölkerung entwickelte sich zur Konsumgesellschaft. Deshalb sind diese Jahre auch als «1950er Syndrom» oder «Great Acceleration» bekannt. Der Wohlstand nahm zu und ein Demokratisierungsprozess fand in den westlichen Ländern statt. Der Bestand an fossilen Brenn- und Treibstoffen war gross und dementsprechend auch deren Verfügbarkeit auf dem Markt. Die Preise für Erdöl waren deshalb niedrig. Im späten 19. Jahrhundert gab es mehrere grosse Ölkonzerne, die den kontinentaleuropäischen Erdölmarkt dominierten. Es gab auch vereinzelt freie Importeure. Diese standen im Wettbewerb zueinander. Auch das Ende der Suezkrise 1956, die den erneuten Durchgang von Schiffen durch den Kanal bedeutete, trug zur Preissenkung des Erdöls bei. So richtig schoss der Verbrauch von Erdöl durch die Herstellung des Verbrennungsmotors in die Höhe.
In der gleichen Zeit ging der Gebrauch von Holz und Kohle stark zurück. In der Schweiz deckten diese beiden Energieträger 1950 55 Prozent des Energiebedarfs – 1970 waren es nur noch fünf Prozent.
Schwarzes Gold auf der Fahrt
Der Verbrennungsmotor wurde etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts zum ersten Mal produziert. Der Gebrauch des Verbrennungsmotors braucht grosse Mengen an Erdöl, welcher dann in Bewegungsenergie umgewandelt wird. In Europa wurde das Auto mit dem Verbrennungsmotor in den 1950er Jahren ein massentaugliches Produkt, welches sich auch die Arbeiterschichten leisten konnten. Auch für den Gebrauch von Traktoren und Schiffen wurde das Schwarze Gold eingesetzt. Somit stieg der Erdölkonsum in den 50er Jahren an. In den 60er wurde die erste Erdölraffinerie in der Schweiz gebaut. Um 1970 fuhren in der Schweiz zwei Millionen Autos auf der Strasse und 70% der Häuser wurden mit Heizöl beheizt – Erdöl wurde massenhaft verschlungen. In der gleichen Zeit ging der Gebrauch von Holz und Kohle stark zurück. In der Schweiz deckten diese beiden Energieträger 1950 55 Prozent des Energiebedarfs – 1970 waren es nur noch fünf Prozent.
Die Erdölpreiskrise
Erdöl blieb nicht immer so erschwinglich. Im Oktober 1973 stieg der Preis extrem an. Diese Zeit ging als Erdölpreiskrise in die Geschichte ein. Aufgrund des Kriegs zwischen Ägypten und Israel sanken die arabischen Erdölexporteure die Produktion und verfügten über Lieferboykotte. Durch das tiefe Erdöl-Angebot stiegen die Preise. Aufgrund der neuen Situation mussten die nicht belieferten Länder Anpassungen vornehmen, die zum Teil bis heute noch bestehen. Neue Technologien wie Bohrinseln, Ölpipelineverlegungen und der Einsatz von Tauchrobotern entstanden. Ausserdem forderten einzelne Regierungen die Bevölkerung zum Sparen auf. Seit der Ölpreiskrise ist in vielen Ländern eine strategische Ölreserve vorgeschrieben. Damit sollen allfällige Versorgungsengpässe überbrückt werden. In der Schweiz wird diese Reserve in Form von Benzin, Diesel, Flugbenzin und Heizöl gehalten und sollte den Erdöl-Bedarf von etwa 4 Monaten decken. Eine weitere Massnahme war die Suche nach Alternativen zum Erdöl. Eine davon war die Kernkraft.
Nach neun Urnengängen zum Thema in der Schweiz wurde 2017 schliesslich entschieden, keine neuen Kernkraftwerke zu bauen. Doch wie sind wir zu diesem Entschluss gekommen?