Der Himmel verfinstert sich, dunkle Wolken ziehen auf: Ein Unwetter braut sich zusammen. Es blitzt, donnert und stürmt. Im Juli und August bekam die Schweiz diese Naturgewalt besonders zu spüren. Starke Gewitter zogen wiederholt über das Land – mit Hagel, Sturm- und teilweise Orkanböen, begleitet von vielen Blitzen.
Wenn sich Gewitter ankündigen, sind die Mitarbeitenden in den Swissgrid Netzleitstellen besonders aufmerksam. Sie überwachen das Schweizer Übertragungsnetz rund um die Uhr und stellen sicher, dass die elektrische Energie jederzeit reibungslos übertragen wird. Wie müssen sie reagieren, wenn eine Leitung vom Blitz getroffen wurde? Oder ein Ast auf eine Leitung fällt? Werfen wir einen Blick auf ihre Arbeit, die im Sommer einige Herausforderungen birgt.
Eine hohe Produktion und viele Ausserbetriebnahmen
Die hohen Temperaturen im Sommer lassen die Gletscher rapide schmelzen und füllen die Staubecken der Wasserkraftwerke bis zum Rand. Die Kraftwerke laufen somit auf Hochtouren. Die gesamte produzierte Energie muss von den Alpen in die grossen Verbrauchsregionen abtransportiert werden. Dies führt zu stark ausgelasteten Leitungen.
Akzentuiert wird die schwierige Situation durch Ausserbetriebnahmen. Revisionen von Leitungen und Strommasten finden bevorzugt im Sommerhalbjahr statt. Für diese Arbeiten müssen die Leitungen ausgeschaltet werden, was zur Folge hat, dass weniger Leitungskapazität für den Transport der elektrischen Energie zur Verfügung stehen. Das Übertragungsnetz ist im Sommer somit anfälliger bei Störungen und Überlastungen.
Eine zusätzliche Herausforderung: Sommergewitter und Blitzeinschlag
Wenn nun im Sommer noch Gewitter aufziehen, verlangt dies von den Mitarbeitenden höchste Aufmerksamkeit. So ist es gar nicht so selten, dass Blitze in die Leitungen einschlagen. Im Sommer 2023 war dies über 50-Mal der Fall.
Bei einem Blitzeinschlag greifen die Schutzsysteme sofort ein und schalten die betroffene Leitung ab. Innerhalb von einer Sekunde wird diese dann wieder automatisch aktiviert. Dieses schnelle Aus- und Einschalten der Leitung wird als Kurzunterbrechung bezeichnet und ist essenziell, um Überlastungen von anderen Leitungen zu verhindern.
Für die Mitarbeitenden gilt in diesem Fall: Ruhe bewahren! Jeder Leitungsausfall muss gründlich analysiert und dokumentiert werden. Die betroffene Leitung wird mithilfe des Netzleitsystems sofort identifiziert. Gleichzeitig werfen die Mitarbeitenden einen Blick auf den Niederschlagsradar, der in der Netzleitstelle auf einem grossen Screen gezeigt wird, um abzuschätzen, ob es sich um einen Blitzeinschlag handeln könnte oder nicht. Ein erster Verdacht wird durch ein Blitzortungs-System bestätigt. Die Mitarbeitenden sammeln alle Daten und müssen innerhalb von zehn Minuten eine Vielzahl von Partner über die Störung informieren.
Heftige Gewitter können dazu führen, dass Äste oder sogar ganze Bäume auf die Leitungen stürzen. In solchen Fällen ist eine automatische Wiedereinschaltung nicht mehr möglich. Dann werden sofort Pikettdienste aufgeboten, um eine Kontrolle vor Ort durchzuführen. Mithilfe eines Distanzschutzsystems ist es den Mitarbeitenden der Netzleitstelle schnell möglich, den betroffenen Leitungsabschnitt zu identifizieren. Sobald die Störung behoben ist, wird die Leitung von den Spezialistinnen und Spezialisten in der Netzleitstelle manuell wieder eingeschaltet.
Bei einem Blitzeinschlag greifen die Schutzsysteme sofort ein und schalten die betroffene Leitung ab. Innerhalb von einer Sekunde wird diese dann wieder automatisch aktiviert.
Ein Blick in die Zukunft: Digitale Lösungen für mehr Effizienz
Swissgrid setzt bereits heute Tools ein, die hochwertige Wettermessdaten und -prognosen liefern, um möglichst genau über die zukünftigen Wetterverhältnisse informiert zu sein. Swissgrid investiert zudem in die Digitalisierung des Systembetriebs. Ziel ist es, einen Teil der Prozesse zu automatisieren und digitale Lösungen zur datengetriebenen Entscheidungsfindung einzusetzen. Dies unterstützt die Mitarbeitenden in der Netzleitstelle, die immer herausfordernden Situationen im Netz zu bewältigen.
Die stetige Weiterbildung der Spezialistinnen und Spezialisten der Netzleitstelle – unter anderem in den Bereichen Störungs- und Stressmanagement – ist ein weiterer wichtiger Pfeiler, um die Sicherheit im Netzbetrieb zu erhöhen. Zudem werden jährlich Simulatortrainings durchgeführt, damit das Team schwierige Situationen meistern kann.
Nicht nur in den Netzbetrieb, sondern auch bei der Bewirtschaftung der Infrastruktur setzt Swissgrid auf Digitalisierung. Eine komplett digitalisiertes Netzabbild – ein sogenannter digitaler Zwilling des physischen Netzes – liefert zukünftig die Basis, um ein datengesteuertes Anlagenmanagement zu etablieren. Dieses erlaubt, den Zustand der Anlagen über den gesamten Lebenszyklus genauer zu überwachen und das Netz risikobasierter sowie effizienter zu betreiben. Damit können beispielsweise Ausserbetriebnahmen von Leitungen verkürzt und die Verfügbarkeit des Netzes erhöht werden.