Der Balanceakt

Nach seiner Produktion wird der Strom in das von Swissgrid betriebene Höchstspannungsnetz eingespeist. Damit ein sicherer und stabiler Betrieb gewährleistet werden kann, müssen Produktion und Verbrauch von Strom stets im Gleichgewicht sein. Treten Schwankungen auf, setzt Swissgrid Regelenergie ein. Diese stellt eine Reserve dar, mit der je nach Situation Strom ins Netz eingespeist oder entnommen werden kann.

Primär-, Sekundär- und Tertiärenergie

Swissgrid kauft die Regelleistung auf dem sogenannten Regelleistungsmarkt ein. Mit anderen Worten: Swissgrid beauftragt inländische Kraftwerke mit der Vorhaltung von Regelenergie. Dafür wird die erforderliche Leistung auf Internetplattformen ausgeschrieben und Kraftwerke platzieren ihr Angebot. Bei einem Zuschlag haben die Kraftwerke die Pflicht, die gebotene Leistung in einem bestimmten Zeitraum vorzuhalten. Dafür werden sie von Swissgrid finanziell entschädigt.

Unterschieden wird bei der Regelenergie in Primär-, Sekundär- und Tertiärenergie. Bei deren Einsatz gehen alle europäischen Übertragungsnetzbetreiber dreistufig vor: Wenige Sekunden nach einem Ereignis, das zu Schwankungen im Netz führt, werden automatisch die Primärregelreserven eingesetzt. Diese werden – ebenfalls automatisch – nach wenigen Minuten von den Sekundärregelreserven abgelöst. Ist die Unausgeglichenheit zwischen Produktion und Verbrauch nach 15 Minuten noch nicht behoben, kann die Netzleitstelle manuell Tertiärregelreserven aktivieren.

Es kommt immer wieder vor, dass die verfügbaren Tertiärregelressourcen bei massiven Unausgeglichenheiten an ihre Grenzen kommen. Darum ist es wichtig, dass die Regelleistungs- und Regelenergiemärkte stetig weiterentwickelt werden und neue Ressourcen dazugewonnen werden können.

Ist zu viel Strom im Netz, ist die Stabilität der Netzfrequenz von 50 Hertz gefährdet. Negative Regelenergie, sprich das Herunterfahren der Stromproduktion, sorgt für den nötigen Ausgleich.

Photovoltaik für den Tertiärregelmarkt

Ein weitgehend ungenutztes Potenzial für die Regelenergie ist Photovoltaik (PV). PV-Anlagen stellen mit einer installierten Produktionskapazität von rund 6 Gigawatt (der durchschnittliche Stromverbrauch pro Tag beträgt rund 7 Gigawatt) einen beträchtlichen Antil am Stromproduktionspark der Schweiz dar. Bis 2040 sollen es gemäss dem Bundesamt für Energie gar bis zu 30 Gigawatt sein. Die PV-Anlagen wären daher eine wichtige Ressource für Regelenergie und eignen sich insbesondere bei grossen Schwankungen zur Stabilisierung des Netzes.

Pilotprojekt zur Nutzung von Photovoltaik

Der Strom aus Photovoltaik wird nicht nur von grossen Solarkraftwerken, sondern auch von vielen kleineren Anlagen produziert. Letztere können aktuell nicht am Regelleistungsmarkt teilnehmen, zum Beispiel, da sie nicht über die nötige Mindestkapazität verfügen. Um das Potenzial möglichst vieler PV-Anlagen nutzen zu können, besteht die Idee, dass sogenannte Pooler auf Photovoltaik zugeschnittene Tertiärregelleistungsangebote im Regelleistungsmarkt abgeben können. Pooler sind Unternehmen, die die Erzeugungs- und Verbrauchskapazitäten mehrerer kleiner Teilnehmer bündeln. Es entsteht ein virtuelles Kraftwerk, das wie ein grosses Kraftwerk am Regelleistungsmarkt teilnehmen kann.

Um das Potenzial dieser Idee zu evaluieren, arbeitet Swissgrid im Pilotprojekt «PV4Balancing» mit interessierten Anbietern an einem entsprechenden Tertiärleistungsangebot und testet dessen Eignung für den Regelleistungsmarkt. Dazu wird eine beschränkte Menge von Photovoltaik-Anlagen an den Systemdienstleistungsmarkt (der Regelleistungsmarkt ist ein Teil davon) angebunden und in den operativen Regelprozess integriert. Der Pilotversuch startet im Sommer 2025 voraussichtlich für ein Jahr.


PV4Balancing im Detail

Mehrere PV-Anlagen werden aggregiert und ihre summierte Nominalleistung als negative Tertiärregelleistung angeboten. Negative Regelenergie kommt dann zum Einsatz, wenn zu viel Strom im Netz vorhanden ist. Anders als bei konventioneller Regelleistung muss bei dieser Form der Regelleistung keine konstante Leistung vorgehalten werden. Bei Bedarf wird die tatsächliche Anlagenproduktion in Echtzeit heruntergeregelt, sprich es wird weniger Strom produziert.

Dazu übermittelt der Pooler die aktuelle bzw. prognostizierte Produktion des PV-Pools laufend in Form von Regelenergieangeboten an Swissgrid. Bei Abruf muss die PV-Produktion der Anlagen innerhalb von 12,5 Minuten reduziert werden.



Autorin

Dona Mountouri
Dona Mountouri

Senior Specialist Market & Product Design


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