Netzprojekt Beznau – Birr

Erdverkabelung Riniken

Durch das Erdkabel in Bözberg fliesst Strom

Autor: Kaspar Haffner


Die Inbetriebnahme einer neuen Höchstspannungsleitung ist nichts Alltägliches. Noch aussergewöhnlicher war das im Fall der neuen 380-Kilovolt-Leitung zwischen Beznau (AG) und Mettlen (LU) am 19. Mai. Ein 1,3 Kilometer langer Abschnitt der Leitung verläuft im Gebiet der Aargauer Gemeinden Bözberg und Villnachern nämlich im Boden. Es ist das erste Mal, dass Swissgrid ein Teilstück einer Höchstspannungsleitung unterirdisch führt. Die Leitung konnte sogar ein Jahr früher als geplant in Betrieb genommen werden.

Inbetriebnahme

Mit der Inbetriebnahme der neuen Leitung konnte die alte zurückgebaut werden. Das bedeutet insbesondere für die Bewohner von Neu-Riniken und Hafen eine grosse Entlastung, da die alte Leitung teilweise direkt über das Siedlungsgebiet verlief.


Im Interview: Sandro Dinser, Swissgrid

Als Head of Engineering Lines bei Swissgrid ist Sandro Dinser Experte im Bereich der Leitungstechnologien. Er hat das Teilverkabelungs-Projekt in Bözberg intensiv begleitet.

Mit dem Abschnitt Beznau – Birr wurde ein weiterer Abschnitt der Leitung Beznau – Mettlen fertig gestellt. Ein Teilstück dieses Abschnitts verläuft im Boden. Welches waren die grössten Herausforderungen beim Bau der Erdverkabelung?
Sandro Dinser: Nur schon der Umstand, dass Swissgrid bei Bözberg zum ersten Mal ein 1,3 Kilometer langes Teilstück einer 380-kV-Leitung unterirdisch baute, machte dieses Projekt so besonders. Zur Verbindung der Freileitungsabschnitte mit dem Erdkabel mussten Übergangsbauwerke gebaut werden. Sie haben ungefähr die Grösse eines Eishockeyfeldes, die Abspanngerüste ragen 25 Meter in die Höhe. Es war uns wichtig, dass sie sich möglichst gut in die Landschaft einfügen.

Die Dimensionen der Kabelrohrblöcke sind eindrücklich. Für deren Bau mussten rund 55 000 m3 Erdreich ausgehoben und mit Lastwagen weggeführt werden. Dies entspricht zum Vergleich etwa dem Wasservolumen von 20 Schwimmbädern mit einer Länge von 50 Metern. Während der Bauzeit waren rund 6000 Lastwagenfahrten notwendig. Der Einzug der Erdkabel in die Kabelschutzrohre war eine logistische Herausforderung. Jedes der insgesamt zwölf Kabel wiegt – inklusive Kabelrolle – rund 40 Tonnen. Die Kabel wurden von Brugg in zwölf Schwertransportfahrten zum Übergangsbauwerk Nord gebracht. Dort wurden die Kabel abgerollt und in die Kabelrohrblöcke eingefädelt. Mittels Stahlseilen und Zugmaschinen wurden sie anschliessend durch die 1,3 Kilometer langen Kabelschutzrohre bis zum Übergangsbauwerk Süd gezogen. 12 Kabel wurden verlegt. Ein Kabel wiegt 21 Kilogramm pro Meter. Das Gesamtgewicht der Kabel beträgt rund 380 Tonnen.

Trotzdem konnte die Leitung nun ein Jahr früher als geplant in Betrieb genommen werden. Wie ist es dazu gekommen?
Das ist zum einen auf die ausgezeichnete Arbeit aller am Projekt Beteiligten zurück zu führen. Die Projekt- und Ausführungsplanung war sehr gut, das wirkte sich positiv auf den Baufortschritt aus. Die Tiefbau- und Montage-Teams haben hervorragende Arbeit geleistet. Zum anderen hat das Wetter mitgeholfen. Es war verhältnismässig trocken und warm, insbesondere im Winter 18/19, als der Kabelgraben ausgehoben und der Rohrblock betoniert wurde. So sind wir viel schneller als geplant vorangekommen. Und doch hätte uns COVID-19 fast einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Inwiefern?
Es war zu Beginn des COVID-19-Ausbruchs unklar, wie die Montagearbeiten auf dem Freileitungsabschnitt fortgesetzt werden können. Bei Swissgrid gilt «Safety First!». Deshalb musste sichergestellt werden, dass die Montage-Teams überhaupt vor Ort kommen und unter strikter Einhaltung aller Sicherheitsbestimmungen und Hygieneregeln weiterarbeiten konnten. Das ist glücklicherweise gelungen. Die Inbetriebnahme der neuen Leitung war nämlich nur in einem Zeitfenster zwischen Mitte April und Mitte Mai möglich. Dieses Zeitfenster ist mit den Betreibern der grossen Kraftwerke abgestimmt. Wäre die neue Leitung in diesem Zeitfenster nicht bereit gewesen, hätten wir ein Jahr auf das nächste Ausschaltfenster warten müssen.

Messstation
Swissgrid hat drei Messstationen entlang des Erdkabeltrassees aufgestellt.

Nun ist die neue Leitung in Betrieb. Wie geht es weiter?
Swissgrid will diese Teilverkabelung nutzen, um wichtige Erkenntnisse über den Betrieb einer Erdverkabelung zu gewinnen. Erdkabel haben andere physikalische Eigenschaften als Freileitungen. Deshalb wird das Projekt in Zusammenarbeit mit Behörden und Fachstellen, beispielsweise dem Bundesamt für Umwelt, wissenschaftlich begleitet. Swissgrid hat drei Messstationen entlang des Erdkabeltrassees aufgestellt. Untersucht werden beispielsweise das Temperaturverhalten der Erdkabelleiter in Abhängigkeit von Stromlast, der Temperaturverlauf im Erdreich über dem Rohrblock und in der weiteren Umgebung, die Biodiversität im Boden und die elektromagnetischen Felder.

Wird man während dem Betrieb etwas vom Erdkabel sehen?
In der Betriebsphase ist der Verlauf der Kabelleitung an der Oberfläche nicht signalisiert. Der Boden über dem Kabelrohrblock kann wieder landwirtschaftlich genutzt und begrünt werden. Da Wurzeln das Erdkabel gefährden, muss das Trassee allerdings von hochstämmigen oder tiefwurzelnden Bäumen freigehalten werden. In Dürreperioden ist es möglich, dass der Verlauf des Kabelrohrblocks sichtbar wird, da der Boden oberhalb des Rohrblocks schneller austrocknet als der umliegende Boden.

Rückbau
Rückbau der alten Freileitung


Autor

Kaspar Haffner
Kaspar Haffner

Head of Communication & Stakeholder Management


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