Nachhaltigkeit Pradella – La Punt
Zwischen La Punt und Zernez im Bündnerland reihen sich über eine Strecke von rund 50 Kilometern die Masten aneinander. Zwischen 50 und 80 Meter hoch, bieten ihre sechs Ausleger Platz für zwei Leitungen. Doch vor noch nicht allzu langer Zeit waren die drei Ausleger der einen Mastseite leer… Grund dafür ist, dass zum Zeitpunkt des Baus der Leitung in den 60er-Jahren der Transportbedarf geringer war. Heute brauchen wir jedoch immer mehr Strom und deshalb auch besser ausgebaute Transportwege.
Bestehende Infrastruktur optimal nutzen
Deshalb ergänzte Swissgrid das bestehende Trassee mit einem zweiten System und so tragen die Masten heute auf beiden Seiten jeweils eine Leitung. Das entspricht dem NOVA-Prinzip, nach welchem Swissgrid das Übertragungsnetz plant. NOVA steht für «Netzoptimierung vor Netzverstärkung vor Netzausbau». Es zielt darauf ab, die Umwelt- und Landschaftseinflüsse durch den Netzausbau so gering wie möglich zu halten.
Als Ersatzmassnahme für das Netzprojekt Pradella – La Punt finanzierte Swissgrid den Ersatz der 60-kV-Freileitung der Engadiner Kraftwerke zwischen Pradella und Bever durch eine erdverkabelte 110-kV-Leitung mit. So kann die Energie aus dem Kraftwerk Ova Spin unterirdisch abgeführt werden. 1100 Masten wurden dadurch nicht mehr benötigt und rückgebaut. Die Demontage entlastet die Landschaft im Engadin massiv. Die Umweltverträglichkeitsprüfung zeigte, dass allein mit dieser Massnahme das Ausbau-/Sanierungsvorhaben Pradella – La Punt mehr als kompensiert wird. Doch Swissgrid setzte im Verlauf des Projekts weitere Massnahmen zum Schutz der Umwelt um.
Dem Boden Sorge tragen
Für den Ausbau zwischen Pradella und La Punt mussten bestehende Masten und deren Fundamente verstärkt und teilweise auch komplett neue Masten gebaut werden. Und wo gebaut wird, da wird die Natur beeinträchtigt. Um den Boden vor Verdichtung durch terrestrische Transporte zu schützen, wurden entsprechende Baupisten präpariert. Auf den Boden kam ein Vlies, darauf wurden rund 50 cm Kies verteilt. So konnte der immense Druck von verhältnismässig schmalen Fahrzeugreifen auf eine grössere Fläche verteilt werden. Doch das Vlies hatte noch einen weiteren Nutzen: Auf Landwirtschaftsland wurden Aushub und Boden in zwei separaten Fraktionen darauf zwischengelagert. So können die Depots später mit geringem Aufwand wieder abgebaut werden und der darunter liegende Boden wird geschont. Da das Aushub- und Bodenmaterial potenziell mit Metallen aus dem Korrosionsschutz der Masten belastet sein kann, schützte das Vlies ausserdem vor dem Verschleppen dieser Verschmutzungen.
Den Wald und seine Helfer schützen
Doch im Engadin war nicht nur Swissgrid als Baumeisterin tätig: Während seiner Arbeit im Wald entdeckte ein aufmerksamer Bauprofi eine grosse Nestkuppel aus Pflanzenmaterialien und Erde – einen Ameisenhügel. Waldameisen sind nicht nur ausgezeichnete Baumeister, sie sind auch nützliche Helfer des Waldes und stabilisieren das ökologische Gleichgewicht. Schnell war klar: Das Bauwerk muss geschützt werden. Um den Ameisenhügel möglichst nicht zu stören, wurde er mit einer Holzwand vor den Tätigkeiten auf der Baustelle geschützt.
Die Umweltschutzmassnahmen sind nach Fertigstellung des Leitungsprojekts längst nicht abgeschlossen. Bereits mehrfach wurden die einzelnen Maststandorte hinsichtlich Neophyten geprüft. Diese gebietsfremden Pflanzen verdrängen einheimische und gefährden so die Artenvielfalt. Um die Biodiversität zu schützen, bekämpft Swissgrid die Neophyten umgehend.
Das Projekt Pradella – La Punt zeigte eindrücklich, dass Infrastrukturprojekte nicht zwingend im Konflikt mit der Natur stehen müssen. Für die Region bedeutete das Netzprojekt nicht nur eine höhere Versorgungssicherheit durch den Abbau des strukturellen Engpasses, sondern auch einen Gewinn für die Natur und den Umweltschutz.