Es ist ein unrühmlicher Rekord, den das Leitungsprojekt zwischen Chamoson und Chippis im Wallis hält. Geschlagene 36 Jahre dauerte es vom Projektstart bis zur Inbetriebnahme der Leitung. Die Netzexpress-Vorlage könnte solche langwierigen Verfahren künftig beschleunigen – dank grundsätzlicher Verschlankung der Bewilligungsverfahren und einem Freileitungsgrundsatz. Das ist dringend nötig. Denn das Stromnetz muss mit dem Ausbau der Erneuerbaren Schritt halten.
Mit der deutlichen Annahme des Stromgesetzes im Sommer 2024 bekräftigte die Schweiz, dass sie die erneuerbare Stromproduktion ausbauen und die Versorgungssicherheit stärken will. Damit das Übertragungsnetz mit dem Ausbau der Stromproduktion Schritt halten kann, braucht es auch eine Beschleunigung bei den Bewilligungsverfahren für Netzprojekte. Denn die Energie aus den neuen Produktionsanlagen muss abtransportiert werden können.
Lange Bewilligungsverfahren, Einsprachen und Gerichtsverfahren verzögern den Netzausbau
Aktuell dauert es von Projektstart bis zur Inbetriebnahme einer neuen Leitung des Höchstspannungsnetzes im Schnitt fünfzehn Jahre. Einsprachen und Gerichtsverfahren führen allerdings immer wieder dazu, dass sich Projekte deutlich stärker verzögern und bis zu 30 Jahre dauern. So hat beispielweise das Projekt Chamoson – Chippis mit einer Dauer von 36 Jahren von der ersten Projektidee bis zur Inbetriebnahme im Herbst 2022 alle Rekorde gebrochen. Mit diesem Tempo werden wir die Energiewende nicht schaffen.
So bringt die Netzexpress-Vorlage Beschleunigung in das Bewilligungsverfahren
Die Netzexpress-Vorlage sieht verschiedene, dringend notwendige Beschleunigungsmassnahmen vor. Den grössten Effekt haben dabei der in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehene Verzicht auf ein Sachplanverfahren bei Leitungsersatz und der Freileitungsgrundsatz.
Aktuell muss bei den meisten Leitungserneuerungen ein sogenanntes Sachplanverfahren durchgeführt werden. Das heisst, es müssen verschiedene Varianten ausgearbeitet werden, wo die Leitung durchführen könnte. Dies, obwohl man eigentlich nur die Strommasten altersbedingt erneuern müsste. Diese Verfahren sind komplex und dauern bei einem Leitungsersatz im Schnitt rund vier Jahre, in einzelnen Fällen auch deutlich länger. Die Netzexpress-Vorlage sieht nun vor, dass bei einem Ersatz bestehender Leitungen auf dem bisherigen Trassee kein solches Sachplanverfahren mehr durchgeführt werden muss. Der Verzicht auf ein Sachplanverfahren bei Leitungsersatz kann die Projektdauer um zwei bis vier Jahre verkürzen und ist deshalb zentral für die Beschleunigung der Bewilligungsverfahren.
Mit dem Verzicht auf ein Sachplanverfahren bei Leitungsersatz kann ein Projekt um bis zu vier Jahre beschleunigt werden
Aktuell muss Swissgrid bei jedem neuen Netzprojekt zudem Varianten für die beiden verfügbaren Technologien prüfen: Freileitung (am Masten) und Erdverkabelung (unter dem Boden). Da ein grosser Anteil an Erdkabeln im Übertragungsnetz aus physikalischen und betrieblichen Gründen nicht möglich ist und Erdkabel bis zehnmal teurer sind, sieht die Vorlage einen Freileitungsgrundsatz vor. Erdkabel sollen die Ausnahme sein. Denn die erheblichen Mehrkosten für Erdkabel müssen von allen Schweizer Stromkonsumentinnen und Stromkonsumenten gemeinsam getragen werden und treiben die Strompreise unnötig in die Höhe.
Die Energiewende steht und fällt mit einem leistungsfähigen Stromnetz. Der Ausbau der erneuerbaren Energien kann nur dann erfolgreich sein, wenn der Strom effizient und rechtzeitig dorthin transportiert werden kann, wo er gebraucht wird. Die Netzexpress-Vorlage ist ein wichtiger Schritt, um Verzögerungen bei Netzprojekten zu reduzieren und so die dringend benötigte Infrastruktur schneller bereitzustellen. So legen wir Grundstein dafür, dass das Schweizer Stromnetz mit der Dynamik der erneuerbaren Energien Schritt halten kann. Damit das Stromnetz nicht zum Flaschenhals der Energiewende wird.