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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Verfahren um die Teilnahme an der Regelenergieplattform TERRE im Sinne von Swissgrid entschieden. Zwar ist der Rechtsstreit noch nicht abgeschlossen, doch das Urteil bestätigt, dass auch Unternehmen aus Drittstaaten rechtliches Gehör erhalten, wenn sie von einem Entscheid ausreichend betroffen sind. Mike Schmid, Legal Counsel bei Swissgrid, ordnet die Entscheidung ein.
Mike, was hat der Europäische Gerichtshof genau entschieden?
Mike Schmid: Zuerst etwas Kontext: Wir wehren uns gegen einen Entscheid der Europäischen Kommission, der uns von der Teilnahme an TERRE ausgeschlossen hätte. Der EuGH hat nun ein Urteil der Vorinstanz – des Gerichts der Europäischen Union (EuG) – aufgehoben und zur Neubeurteilung an dieses zurückgeschickt. Der EuG war auf unsere Klage gar nicht eingetreten, mit der Begründung, das Schreiben der Kommission sei ein gewöhnlicher Brief ohne Rechtswirkung und Swissgrid daher dagegen nicht klageberechtigt. Diesen Nichteintretensentscheid hat der EuGH nun kassiert. Damit ist zwar noch nicht entschieden, ob wir weiterhin an TERRE oder zukünftig an den anderen Plattformen (MARI, PICASSO) teilnehmen dürfen, doch das EU-Gericht muss sich nun erstmals inhaltlich mit dem Fall befassen.
Also doch kein endgültiger Entscheid über die Teilnahme von Swissgrid an TERRE. Was bedeutet das Urteil konkret?
Das Urteil ist ein Etappensieg, aber ein wichtiger. Die Vorinstanz muss sich nun mit der Frage auseinandersetzen, ob die EU-Kommission mit ihrem Vorgehen EU-Recht verletzt hat und ihr Schreiben deshalb für nichtig erklärt werden muss. Wir blicken dem weiteren Verlauf optimistisch entgegen. Das Urteil des EuGH setzt wichtige Zeichen: Auch Unternehmen aus Drittstaaten haben in der EU grundsätzlich Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn sie von Handlungen von EU-Behörden negativ betroffen sind. Und zwar auch dann, wenn sich die Klage gegen die Europäische Kommission richtet. Auch diese kann nicht durch Vorgehen unterhalb der Schwelle formeller Entscheidungen den Rechtsschutz für Betroffene aus Drittstaaten umgehen. Der Entscheid des EuGH steht im Spannungsverhältnis zur Darstellung gewisser Kreise in der Schweiz über die Rolle des Gerichtshofs bei der Streitschlichtung mit der EU, insbesondere im Zusammenhang mit bestehenden und neuen bilateralen Abkommen, einschliesslich des Stromabkommens.
Es gibt noch weitere Verfahren im Zusammenhang mit europäischen Regelenergieplattformen. Wo stehen wir da?
Ja, neben dem Verfahren zu TERRE wehrt sich Swissgrid auch gegen die Nicht-Teilnahme oder den Ausschluss von den Plattformen MARI und PICASSO und dem Imbalance Netting (IGCC). Wir tun dies in Gerichtsverfahren gegen die EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER). Unser Ziel dabei ist letztlich, unseren gesetzlichen Auftrag – den sicheren Betrieb des Übertragungsnetzes – bestmöglich zu erfüllen. Ein Stromabkommen mit der EU würde auch diese Verfahren überflüssig machen. Es würde Rechtssicherheit schaffen und uns eine offizielle Teilnahme sowie ein Mitspracherecht an diesen Plattformen ermöglichen, die für die Netzstabilität wesentlich sind.